Länge: 6:25 Min.
Länge: 6:01 Min.
Länge: 3:00 Min.
Länge: 5:07 Min.
Frank Berendt studierte von 1988 bis 1993 an der Hochschule für Grafik
und Buchkunst Leipzig Malerei und Grafik bei Prof. Arno Rink; er gilt
als Vertreter der Neuen Leipziger Schule.
Wie viele Leipziger Maler bevorzugt auch er eine figürliche Bildsprache, doch
meidet er alles Erzählerische.
Vielmehr schweben seine vereinzelten Figuren wie Traumgebilde vor intensiv farbigen
oder schattigen Bildgründen,
die räumlich unbestimmt sind. Alles darin scheint
beweglich, veränderbar, flüssig und doch in einem Moment fixiert: wie
Filmstills aus einem Kontinuum von Bewegung und Veränderung; Form
in Wandlung, Metamorphose aller sichtbaren Erscheinungen. Im Malvorgang stabilisierte
Phantombilder, deren fragmentarische Verfassung
ihrem Oszillieren zwischen Entstehen und Vergehen geschuldet scheint.
Die gemalten und auch die als Videobild projizierten Szenen – seien es
Menschen, Tiere, Objekte oder flüssige Substanzen – gleichen Vorstellungsbildern,
das heißt figürlichen Projektionen unseres Bewusstseins.
Dieser Bewusstseinscharakter ist ihr Realitätscharakter. Das momentane
Verharren der Vorstellungsbilder verleiht ihnen eine Ahnung von Dauer,
gerade so viel, dass sie sich unserem Blick einprägen, dass sie uns die
Möglichkeit eines vertieften Schauens einräumen, der Kontemplation.
Tatsächlich laden die Bilder von Frank Berendt dazu ein, jedoch ohne die Attitüde von Andacht. Zur Vertiefung des Schauens laden auch präzise geformte Details ein, die wir wahrnehmen können – das wässrige Fluidum eines Auges, die plastisch akzentuierte, harmonisch geformte Kontur von Lippen, Lichtreflexe auf Wassertropfen oder ein nächtliches Gegenlicht, das in kleinen Dosierungen durch verwunschen wirkende Dickichte hindurch bricht: Inseln der Fokussierung inmitten einer Szenerie, die mitunter nur schemenhaft, wie hinter einem Schleier verborgen, aufscheint. Farblich verdanken sich seine Gemälde Strategien der Reduktion visueller Komplexität – bis zurück auf einen Komplementärkontrast oder zur Monochromie. Doch lässt er die wenigen Farben intensiv leuchten, komponiert harmonische Farbklänge und vertraut ihren emotional stimulierenden Wirkungen.
Seine Videoarbeiten haben ihren Ursprung in der Malerei. Sie sind von Überlagerungen, malerisch wirkenden Unschärfen und einem gedehnten Zeitmaß geprägt und in ihrer lichterzeugten, entstofflichten Erscheinung unseren Vorstellungsbildern noch näher als die gemalten Bilder. Menschliche Figuren zeigt Frank Berendt einerseits gern im Zustand gespannter Sammlung, andererseits aber auch im Zustand der Wendung nach innen – der Verinnerlichung. Bei aller Vertiefung in figürliche Details – Porträts, also Bildnisse konkret lebender Menschen – finden wir nicht in diesem Werk. Vielmehr trägt alles Figürliche exemplarischen Charakter, steht als ein Einzelnesfür das Viele, als konkrete Erscheinung für ein Allgemeines. Es sind Weltbilder, die unsere Existenz in philosophisch begründeter Perspektive berühren. Ein in der Kunst der Gegenwart umstrittener Anspruch, den Frank Berendt jedoch mit anderen Vertretern der sogenannten Neuen Leipziger Schule, wie Neo Rauch, teilt – oder mit dem heute schon klassisch zu nennenden britischen Maler Francis Bacon. Diese intentionalen Nachbarschaften verdeutlichen zugleich, dass wir uns mit dem Künstler auf jenes Feld des bildhaften Andeutens begeben, das unsere sprachlichen Möglichkeiten, in ganzen Sätzen die Welt zu bedeuten, tendenziell übersteigt.
Sich in die künstlerische Praxis von Frank Berendt vertiefend, mag uns zudem immer stärker bewusst zu werden, wie eng seine ästhetische Haltung mit seiner Zuwendung zur japanischen Kampfkunst und zum Zen-Buddhismus korrespondiert, die seit vielen Jahren sein Leben nachhaltig prägen. Tatsächlich scheint es möglich, die eingangs zitierte Empfehlung des Siddhârtha Gautama aus dem Diamant-Sutra als einen Schlüssel zu betrachten, der uns die Tür zu einem besonderen Verständnis der Bildwelten von Frank Berendt öffnet. Ein zentraler Begriff darin – wie überhaupt im Mahayana-Buddhismus – ist Shunyata, der ontologisch auf die Unmöglichkeit verweist, den Phänomenen der Welt eine dauerhafte Substanz, einen stabilen Wesenskern zuzuschreiben und deshalb mit „Leerheit“ übersetzt wird. Die Prajnaparamita-Sutren, zu denen das Diamant-Sutra ebenso gehört wie das berühmte Herz-Sutra, formulieren in zahlreichen Varianten paradoxe Sätze, die den Gedanken „Form ist Leere, Leere ist Form“ umspielen und uns zum Überschreiten begrifflicher Unterscheidungen ermuntern sollen, letztlich zur Aufgabe der Subjekt-Objekt-Distanz in unserem Weltverhältnis. Ein radikaler Perspektivenwechsel, der uns denkenden Subjekten oft genug als ein unmögliches Unterfangen erscheint. Das Sanskritwort „paramita“ im Titel der entsprechenden Sutren verweist auf diese umfassende Zäsur, denn es bedeutet „das, was das andere Ufer erreicht hat“. Für manche ein spiritueller Akt, für andere die Umschreibung einer universalistisch-ökologischen Sicht auf die Welt: Weil alles in seinem Werden und Vergehen von allem Anderen in dessen Werden und Vergehen abhängig ist, kann nichts aus sich selbst heraus dauerhaft existieren, ist in diesem Sinne ohne Eigen-Substanz, also „leer“. Zahlreiche Beobachtungen in den Bildern von Frank Berendt legen nahe, dass es ihm immer wieder darum geht, den Perspektivenwechsel der Shunyata-Philosophie auch in seiner künstlerischen Praxis zu versuchen – und uns Betrachter einzuladen, es ihm gleichzutun.
Nachtwälder / Dickichte Es ist Nacht und die Augen
suchen den Weg durch die Dunkelheit, sie sehnen sich nach dem Licht in
der Ferne. Der Weg dorthin, wo die beunruhigende Finsternis der Nacht
aufhört und der Morgen wohl schon graut, ist unpassierbar. Dicht verwobenes
Geäst stört die Freiheit des Geradezu-Marschierens. Im Labyrinth
des Waldes wartet das Gefangen- und Verlorensein und doch – der leuchtende
Himmel scheint den nahenden Morgen anzukündigen.
Die Nachtwälder und Dickichte Frank Berendts bestechen durch ihre intensive
Unmittelbarkeit. Der Bildausschnitt entspricht dem des Sehenden
im Wald. Durch unser Schauen sind wir in diesen Wäldern anwesend und
mit ihnen elementar konfrontiert. Die waagerechten Äste im Vordergrund
sind zu dynamischen Netzen verschränkt und lassen den Eindruck einer
betrachtereigenen Bewegungsgeschwindigkeit entstehen – als würden
wir an ihnen vorübergehen und dabei aus den Augenwinkeln beobachten,
wie sie ihre Form aufgeben und sich verzerren. Aber, es liegt auch Ruhe,
Beruhigung in diesen nächtlichen Dickichten.
Polaritäten sind hier erfahrbar: Unüberwindbar sind wir in den Irrwegen
des Waldes gefangen und ahnen gleichzeitig die Freiheit, das Licht, die
Lichtungen, die dahinter zu liegen scheinen. Innerlich bedroht durch die
Unmöglichkeit des Passierens der Finsternis und sehnsüchtig nach dem
Erreichen des Lichtes, existiert auch der Wunsch nach dem Bleiben dort
im Nachtwald, nach dem Umschlossensein von der Güte und Versöhnlichkeit
der sich neigenden Nacht.
Frauen Die klaren, schönen Gesichter der von Frank Berendt gemalten
Frauen leuchten: Ihr Wesen, Wesentliches, Geist und Konzentration auf Inneres
deuten sich an. Die Augen haben die Frauen geschlossen
oder niedergeschlagen und nur in seltenen Fällen schauen sie den Betrachter an,
um seinen Blick zu bannen.
Geradezu atmosphärischer Zauber herrscht in dem Bild „Milch“: Inmitten tiefen
Blaus
steht eine Frau, die Augen geschlossen und den Blick
nach innen gerichtet. Die Farbe bringt die Atmosphäre der Situation und
den Geist der Frau in Einklang – das Blau ist hier die Vergeistigung eines menschlichen
Zustandes.
Dieser changiert, wie Frank Berendt im
Gespräch ausführt, zwischen der Möglichkeit wahrhaftiger Vereinigung
zwischen Frau und Mann, die hier in dem fluid schwebenden Weißen
zwischen den erhobenen Händen Ausdruck findet, und der Schwierigkeit
und Ambivalenz dieses Zusammenkommens, das durch die Haltung der
Hände, die vom Gegenüber fordern Abstand zu halten, angedeutet wird.
Die „Milch“, und damit das Zusammensein, ist ohne Halt im Raum, ist in
der Schwebe und damit Moment und nicht Ewigkeit.
„Kränkung“ ist das Bindeglied zwischen den Dickichten und den Bildern
von Frauen, da es beide Motive in sich vereint. In einer rechtwinkligen
Raumsituation steht eine Frau mit einem Kissen in ihren Armen, dessen
Federfüllung herausfällt und sich auflöst. Trotzdem drückt sie es
fest an
sich, sie umschlingt es, das Vergehende nicht aufgebend. Im Hintergrund
eine Fensteröffnung, die den Blick in die Nacht, die bei Frank Berendt
Zeichen einer Grund-, einer Haltlosigkeit sein kann und auf einen Wald
erlaubt; und neben ihrem Gesicht hat sich das Geäst zu einem menschlichen Herzen
mitsamt seinenGefäßen zentriert. Die Ursache der titelgebenden Kränkung
ist unbekannt.
Ist es eine Kränkung ohne Grund oder ohne Absehbarkeit? Die Hinweise auf das
„Innen“,
die geschlossenen Augen, der Eck-Raum, das sich nicht öffnende Dunkelblau
kennzeichnen
sie als elementar. Die Kränkung hat das Herz getroffen. Offen bleibt,
wer gekränkt wurde – die im Bild Seiende oder der außen Stehende. Im
nächtlichen Wald dämmert es bereits. Bald ist die Nacht überwunden und
damit womöglich auch die Kränkung. Und die Füße treten wieder
sicherer auf den Grund.
Männer Die männlichen Figuren sind, im Gegensatz zu den
weiblichen,
dem Betrachter selten frontal zugewandt, wenden sich statt dessen
häufiger in die entgegengesetzte Richtung ab oder sind im Bildraum so
eingebunden, dass ein Blick, eine Wendung nach außen unmöglich sind.
Von einem Fluchtimpuls getrieben, scheint der „Laufende Mann“ in die
große Leere, die hier möglicherweise bildgewordene Ungewissheit ist,
geradezu Hals über Kopf zu stürzen. Ist es Verzweiflung und der Wunsch,
das Leben auf reset zu setzen, auszubrechen zurück zum Anfang, als
noch nichts verloren, noch nichts verspielt war – und gleichzeitig um die
Unmöglichkeit dessen zu wissen? Oder aber ist es ein rasanter Aufbruch
eines jungen Mannes, den das Leben, den zukünftiges Heldentum und die
Lust nach strahlenden Taten locken?
In „Mann mit Maus“ scheint die Lesbarkeit eindeutiger. Die Maus des
Titels ist für den Betrachter nicht zu erkennen. Zieht man den Arbeitstitel
„Kapitulation“ zur Deutung hinzu, wird aber klar, dass die Maus im
Mann ist, dass der Mann die Maus ist. Es ist, als versuche er seinen Kopf
in den Boden zu stemmen, so, als würde das Verstecken des Kopfes zum
Verschwinden des gesamten Körpers, überhaupt der Existenz führen. Der
Bildraum ist durch das beengende Braun hermetisch abgesperrt, Flucht
daraus ist unmöglich. Die Situation provoziert die Konfrontation mit sich
selbst, die aber ja unerträglich ist. Verzweifeltes Verlangen ist, die vorherige
menschliche Existenz aufzugeben und tatsächlich zur Maus zu werden,
in einem Erdloch zu verschwinden und nicht mehr sichtbar zu sein.
Videos Die in der Ausstellung gezeigten Videos sind innerhalb
eines langen Arbeitsprozesses entstanden, der Mitte der 1990er Jahre
begonnen und in den 2000ern wieder aufgenommen und abgeschlossen
wurde. Sie sind eng verwandt mit der Malerei Berendts und finden sich
zum Teil sogar als konkrete Motive darin wieder. Wie in der Malerei
wird der Blick konzentriert auf das Motiv gerichtet. Die Kamera benötigt
keinen großen Bewegungsradius, um sich präzise und sensibel den
behandelten Themen zuzuwenden. Video – „ich sehe“, kann hier als „ich
erkenne“ gelesen werden. Ich erkenne mich.
In der Videoarbeit „Steinwurf“ sitzt ein schmächtiger Junge aufrecht und
beinahe unbewegt am Ufer eines Sees, die Beine angezogen, die Unterarme
auf den Schenkeln abgelegt. Sein Hinterkopf liegt in tiefem Schatten.
Der unbekleidete Rücken des Kindes, von den Schulterblättern und der
37Wirbelsäule graphisch gezeichnet, ist zentraler Punkt im Videobild – geradezu
visueller Fixpunkt. Die jedem Kind immanente Unantastbarkeit,
in „Steinwurf“ verstärkt durch die körperliche Anmut des so aufrecht
sitzenden Jungen, ist hier verbunden mit der potentiellen Gefahr der
Verwundbarkeit dieses nackten Rückens. Tatsächlich ist die Atmosphäre
buchstäblich wabernd aus dem Untergrund heraus bedrohlich: Vom
gegenüberliegenden Ufer nähert sich dem Jungen eine langsame, dunkle
Wasserbewegung, als hätte sie die Absicht, ihn zu überlaufen. Ausgesprochen
flächenhaft liegen in diesem Videobild Bewegungsfelder aneinander,
Lichtfelder, die heller und dunkler werden, sepia, bronze, schwarz.
Das Bild ist still, aber durch Einzelbilder, die analog vielfach und leicht
verschoben übereinandergelegt wurden, in Bewegung gebracht. Die
Tonspur, ein vereinzeltes Wasserplätschern und daneben ein Rauschen,
ist nicht Teil der Realität dieser Uferszene: Ton und Bild gehören nicht
zusammen, sondern werden nur in den verknüpfenden Gedanken der Betrachter eins.
Dass Ton und Bild parallel, aber nicht im Motiv vereint
ablaufen, lässt den Gedanken aufkommen, dass der Junge als Person
nicht mehr tatsächlich anwesend ist, als liege die Szene bereits in der
Vergangenheit und sei nur noch eine vergegenwärtigte Erinnerung. Doch
dann: Der Junge bewegt seinen rechten Arm und greift neben dem Körper
nach einem Stein, wird aber durch den künstlerischen Eingriff Berendts
unterbrochen, der die Handlung wieder auf Anfangsposition setzt. Dann
aber versucht der Junge es erneut, streckt den linken Arm weit nach vorn,
die Finger gespreizt, greift wieder mit der rechten Hand nach dem Stein
und holt zum Wurf aus. In diesem Augenblick verdunkelt sich die Szene
dramatisch und die Schatten changieren plötzlich ins Grünliche. Aber der
Wurf geht ins Leere – wieder wird die Bewegung von Berendt zurückgeholt.
Die Spannung, die sich durch das Aufziehen der Armbewegungen
aufgeladen hat, wird nicht entladen. Durch das sofortige Abnehmen der
Dunkelheit – es wird wieder heller, goldener – entspannt sich das Bild. In
diesem Video wird eine simple, arglose Handlung zurückgepfiffen. Der
Versuch zu werfen erscheint wie ein geträumter Traum.
„Uns“ lässt den Betrachter durch eine extreme Nahaufnahme in vermeintlichen
Blickkontakt mit einem Kind treten. Das Kind ist in ständiger Bewegung,
als spiele es mit dem Gegenüber ein vergnügtes Spiel,
ein Augen-Blick-Spiel. Die totale Unschärfe abstrahiert das Kind und
macht die dem Video immanente Erzählung eines intimen Momentes zur
Erzählung eines Gedankens. Von Zeit zu Zeit erscheint neben dem Kindergesicht
jenes von einem Erwachsenen. Die beiden verschmelzen in
der Unschärfe der Aufnahme zum Teil so sehr, dass kaum auszumachen
ist, wo ihre körperliche Trennlinie verläuft – das „Uns“ wird so zum Bild.
Der Ton über dem Video ist kaum bestimmbar. Es ist ein ständiges Rauschen
und Pfeifen, Summen – Störtöne im Grunde, die aber die Rhythmik
des bewegten Bildes unterstützen. Auch das Schwarz/Weiß der Aufnahmen
ist ein dynamisches Hell/Dunkel: Die Haut des Kindergesichtes
pulsiert geradezu leuchtend und überstrahlt. Sekundenweise werden die
Aufnahmen der Gesichter unterbrochen und der Betrachter aus dieser nahen
Situation hinaus in die Ansicht eines Feldes geworfen. Ein weiteres
Mal wird die Gesichtsaufnahme für wenige Sekunden unterbrochen: Das
Kind, ein Knabe nämlich, schießt einen Pfeil. Noch ist es ein Spiel für
das Kind, doch wartet auch auf diesen Jungen, sinnbildlich, die Initiation,
wie schon auf seine Vorfahren. Sofort nach Abschuss des Pfeils erscheinen
wieder die Gesichter der Zwei, vielleicht Vater und Sohn, um wieder
durch einen Schnitt – mit stampfenden, erwachsenen Schritten wird über
ein Feld gegangen – unterbrochen zu werden. Das Video endet mit dem
lächelnden, schauenden Knaben. In „Uns“ wird an eine Vergangenheit inder
bildlichen Vergegenwärtigung eines Kindes erinnert. Die Unschärfe
und Bewegtheit der Aufnahmen, dadurch: Ihr Nicht-Greifen-Können,
das Zusammensein von Vater und Sohn und im Kontrast dazu der sich
emanzipierende, loslösende Knabe mit Pfeil und Bogen und schließlich
das einsame Stapfen übers Feld, dem Horizont entgegen, aber doch
allein – all dies erzählt von der Unmöglichkeit des Festhaltens an der
Vergangenheit, des Für-Sich-Behaltens von Menschen und von der
Gesetzmäßigkeit
ständiger Progression. Die menschlichen Bindungen sind
unmöglich unlösbar feststehend und manches Mal möchte man darüber
verzweifeln. Aber wohl nur das Frei-Lassen erlaubt die Möglichkeit einer
Wiederkehr
des Frei-Gelassenen.
Begrenzung und Freiheit Frank Berendts abstrahierte
und oftmals bühnenartige Bildräume sind allem überflüssigem Beiwerk
enthoben, ja, vom strengen Pinselstrich geradezu ausgebürstet. Lesbar
sind sie durch ihren hohen Symbolgehalt sowie durch die Textur der
Ölfarbe auf den Leinwänden. Der Farbauftrag ist uneben und durch den
deutlich nachvollziehbaren Strich des Pinsels strukturiert. Stark bearbeitete
Partien sind nicht verborgen, sondern zeugen vom Suchen und Finden
des Motivs im künstlerischen Arbeitsprozess. Berendt selbst spricht
von „Störfeldern“, ohne die sein Werk nicht sein könne, die er aber auch
auf die Unterbrechung der Motive – beispielsweise durch senkrechte
Farbstreben – bezieht. Auch in den Videoarbeiten setzt er das „Stören
der Materialoberfläche“ als Mittel ein. Brüche, nicht Perfektion, und
Hadern statt Triumphieren werden durch den nachvollziehbaren Prozess
der Werkgenese und durch die spezifische Anwendung der Mittel zum
Ausdruck gebracht. Wie die Räume halten sich auch die Farben nicht
an die Wirklichkeit. Es sind kraftvolle Manifestationen, die aber ein
Entweder-Oder erlauben: Die Farben changieren und lösen die Motive
zwischen den vorhangähnlichen senkrechten Schlieren, den Störfeldern,
beinahe auf.
Durch diese Abstraktionsmomente, in denen die Körper, Räume und
Farbigkeit in einen Zustand fern ihres realistischen Kontextes transformiert
werden und in denen bewegt-erzählerische Momente selten sind,
beschreibt Berendt innere, selten friedliche Zustände des Menschen. Wir
wagen mit diesen Bildern einen Blick dorthin, wo Zweifel und Verzweiflung,
das Stoßen an die Grenzen des Selbst und an die der Welt sichtbar
gemacht werden.
Sie konfrontieren uns mit uns selbst. Wir erfahren: Kunst ist nicht per
se dem Spenden von Trost und Hoffnung verpflichtet, sondern sie wagt
ein Form- und Worte-Finden für das Menschsein mit den dazugehörigen
Abgründen.
Und doch: Die Klarheit der Motive, die in ihnen transportierte Vorstellung
von Schönheit lassen auf ein Zukünftiges hoffen, das gut ist, das in
uns gut ist, weil unser Erkennen des eigenen Bedrängt-Seins vorausgegangen
ist. Nur aus dieser Erkenntnis heraus ist überhaupt die Ahnung
einer Befreiung möglich: Begrenzung und Frei-Sein bedingen einander.
Und auch wenn wir uns kaum etwas sehnlicher wünschen, als Freiheit
zu erlangen, befreit zu sein, bleibt diese doch immer auch schrecklich.
Wir taumeln beim Gedanken an die Ungewissheit, die ihr innewohnt.
Wir fallen auf dem Weg zu ihr, wir kriechen, stehen auf, gehen weiter
und erreichen sie nie. Unsere Freiheit liegt in der Annahme dieses Weges, in der
Ausfechtung des Kampfes, den wir mit uns selbst führen.
1964
/// in Leipzig geboren.
1988 - 1993
/// Studium der Malerei/Graphik an der HGB Leipzig unter
Prof. A. Rink und N.Rauch.
1993
/// Diplom mit Auszeichnung an der HGB Leipzig
unter Prof.A. Rink und N. Rauch.
1993
/// Stipendium des Kulturamtes Frankfurt am Main.
1993 - 1995
/// Aufbaustudium Videokunst unter Prof.R. U. Bühler.
1994 - 1995
/// Graduiertenstipendium des Freistaates Sachsen.
1995
/// Meisterschülerabschluss Videokunst an der HGB Leipzig
unter Prof. D.Daniels und Prof. R.U. Bühler.
1988 - 1995
/// Arbeit mit der Performergruppe „The Oval Language“(T.O.L.)
(Sounds,Installationen, Performances,Environments),
u.a. mit „ das synthetische Mischgewebe“ (F,D), ERG (USA),
sowie Tadashi Endo (JP, D).
1993 - 1999
/// Studienreisen u.a. Marokko.Israel. Nordirland, Indien.
Beginn der Zen Praxis unter Zen- Meister L.Tenryu Tenbreul.
seit 2001
/// Ordination (Tokudo)zum Zenmönch (Soto-shu).
/// Lebt und arbeitet als freischaffender Künstler und Künstlischer
Honorardozent
in Leipzig.
EINZELAUSSTELLUNGEN Dogenhaus Galerie Leipzig/ Berlin
Einzelausstellungen
AUSSTELLUNGSBETEILIGUNGEN
Arbeiten sind vertreten in: Sammlung Kunstmuseum am Anger Erfurt, Sammlung der Deutschen Bank, Sammlung der Sparkasse Leipzig, Sächsische Kunstsammlungen Dresden, Regierungspräsidium Karlsruhe und in verschiedenen Privatsammlungen.